Materialien und Zubehör

angefangene Brettchenweberei
Aus der Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 1899, Heft I.

Was braucht man eigentlich an Ausrüstung um diesem (Kunst)handwerk nachgehen zu können??

… WEBBRETTCHEN und GARN      … und jede Menge ZEIT und GEDULD!!

 


#  WEBBRETTCHEN (Webtäfelchen, -plättchen)


Am häufigsten werden solche mit 4 Löchern verwendet, es gibt aber auch Gewebe die mit 6-Loch Webbrettchen hergestellt wurden. Historisch wurden auch Brettchen mit einer ungeraden Anzahl Löchern (z.B. 4 plus ein Mittelloch oder auch mehr) gefunden. Aber nur bei wenigen dieser Varianten gibt es passende Gewebefunde dazu. Bei den meisten weiß niemand wozu die zusätzlichen Löcher dienten, bzw. wie sie korrekt eingesetzt wurden.

Für die Herstellung der Webbrettchen können unterschiedlichste Werkstoffe verwendet werden. Das Material muss lediglich steif genug sein um bei einer typischen Wandstärke von 0,8 – 1 mm nicht zu knicken. Käuflich zu erwerben sind am häufigsten welche aus Karton oder Holz. Webbrettchen aus anderen Materialien wie Metall, Bein, Horn oder hartem Leder werden zwar im Einzelfall angeboten, sind aber in der Anschaffung sehr teuer und nicht zwingend besser geeignet.

 

Vor- und Nachteile von in Frage kommenden Materialien:

  • KARTON
    billig, selbst problemlos herstellbar — nicht lange haltbar wenn Leinen oder Seide verarbeitet werden
  • HOLZ
    meist verleimtes Sperrholz, selten massiv, aber stabil und haltbar — Holz kann sich verziehen, splittern oder einreißen, für Seide z.B. kritisch wenn nicht superglatt geschliffen
  • HORN
    gutes Handgefühl, super glatt — meistens zu dick, daher nur für schmale Gewebe
  • METALL
    gutes Handgefühl, super glatt — für dünnes Material ungeeignet, zu schwer, das große Loch in der Mitte kann stören
  • BEIN
    gutes Handgefühl, warm, super glatt — meistens zu dick, daher nur für schmale Gewebe
  • LEDER
    kein Vorteil — meistens zu dick, oft einseitig rauh
  • KUNSTSTOFF
    gutes Handgefühl, super glatt — Beschriftungen halten meist nicht

 

 

DER SCHNELLE WEG ZU DEINEN ERSTEN WEBBRETTCHEN:
Diese können ganz einfach und billig selbst hergestellt werden, indem z.B. der Karton einer Schuhschachtel verwendet wird. Dazu werden daraus ca. 6 x 6 cm große quadratische Teile ausgeschnitten und mit einem handelsüblichen Bürolocher an den Ecken gelocht (Abstand zu den beiden Seiten muss gleich sein!). Markierungen der Löcher oder Ecken z.B. mit Buchstaben sind hilfreich aber nicht zwingend notwendig.

—> Für ein angenehmes Arbeiten müssen die Webbrettchen sehr exakt auf die gleiche Größe zugeschnitten werden!
—> Dies gilt auch für die Lochung, legt man die Webbrettchen über einander müssen alle vier Löcher einigermaßen deckungsgleich sein!
—> Um dies zu erreichen am Locher eine Markierung/Anschlag anbringen bis zu der jedes Webbrettchen immer eingeschoben wird!

Alternativ können auch Spielkarten quadratisch zugeschnitten werden, das laminierte Papier ist trotz seiner geringen Stärke sehr steif und glatt. Auch existieren Druckvorlagen im Internet die genutzt werden können.


# GARNE


An Garnen kann man eigentlich ziemlich alles verweben was am Markt erhältlich ist, von der Verpackungsschnur aus Papier bis zur Wäscheleine aus Nylon. Die folgende Aufzählung beschränkt sich auf die gängigsten am Markt verfügbaren Materialien:

  • BAUMWOLLE
    Als Häkelgarn in verschiedenen Stärken und Einfärbungen leicht zu beschaffen, preisgünstig und problemlos zu verweben. Für den Anfänger in der Stärke 10 das ideale Einsteigermaterial.
  • WOLLE
    Wolle und Mischungen von Wolle mit einem geringen Anteil an Nylon (Sockenwolle) sind am Markt in vielen Stärken und Einfärbungen verfügbar. Abhängig von der Qualität ist reine Wolle auf Grund der Oberflächenbeschaffenheit häufig nicht ganz so einfach zu verweben, da die einzelnen Fäden zum Verfilzen neigen. Hier ist etwas Geduld angesagt, aber die Resultate begeistern durchaus.
  • SEIDE
    Ist ein tolles Material und ergibt wunderschöne Bänder. Der Preis für echte Haspelseide (Realseide) ist leider hoch und die Anzahl der Anbieter beschränkt. Schappeseide (versponnen) ist auch als Nähgarn erhältlich. Alleine auf Grund des Preises sollte man schon etwas Erfahrung haben bevor man mit Seide arbeitet.
  • LEINEN
    Bänder aus Leinen sind attraktiv, obwohl die Webtäfelchen aus Karton beim Weben etwas darunter leiden. Leinengarne sind auch häufig nur über Bestellung zu bekommen und liegen preislich nur wenig unter dem Seidengarn.
  • HANF
    Hanfgarn ist eher selten erhältlich und steht auch nicht in allen Stärken zur Verfügung. Es ist fester als Leinengarn und ergibt beim Verweben ein sehr steifes Band.
  • VISKOSE und LYOCELL (Tencel, „Bambus“)
    Viskose und Lyocell sind sogenannte Kunstseide und bestehen aus Zellulose die chemisch aufgelöst und wieder ausgefällt wurde. Viskose wird nach dem älteren Verfahren hergestellt, Lyocell wird nach einem neuen (umweltfreundlicherem???) Verfahren hergestellt. Je nach Herkunft der Zellulose (z.B. aus Bambus) wird im Handel Tencelgarn auch oftmals als „Bambus“ bezeichnet, dies ist eigentlich eine Verbrauchertäuschung. Die Faser hat einen schönen Glanz und Griff und ist eine „vegane“ Alternative zu echter Seide. Die Verfügbarkeit passender Garnstärken und Farben ist beschränkt, da überwiegend für die Industrie produziert wird. Der Preis variiert teilweise erheblich.
  • SOJAPROTEINFASER
    Einzige pflanzliche Proteinfaser. Garne aus diesen Materialien haben einen angenehmen Griff sind aber noch nicht so lange am Markt und daher ebenfalls nur eingeschränkt verfügbar.
  • SYNTHETIK/MISCHFASERN (Polyacryl, Polyester)
    Auch dazu gibt es am Markt eine Vielzahl an Angeboten, Preis und persönlicher Geschmack werden hier wohl die Richtung weisen.
  • TECHNISCHE MATERIALIEN
    Versilberter Kupferdraht, Messingdraht u.ä. lassen sich bis zu einer gewissen Drahtstärke (typisch ca. 0,1 – 0, 4 mm) auch verweben und sind über Bastelgeschäfte einfach zu bekommen. Draht bricht aber auch öfter mal beim Verweben, man sollte daher Geduld mitbringen.

 

MUSTERKARTE GARNE


# SINNVOLLES ZUBEHÖR


WEBSCHIFFCHEN – EINLESESTAB

Das Anschlagen des Schussfadens und das Öffnen des Webfachs kann problemlos mit den Fingern durchgeführt werden. In der Praxis hat sich dazu auch die Verwendung eines Webschiffchens und/oder Einlesestabes bewährt.

verschiedene Webschiffchen und ein Einlesestab

 

 

WEBRAHMEN

Grundsätzlich kann das Spannen der Kette zwischen dem Körper (Gürtel) und einem weiteren Fixpunkt erfolgen. Ein Webrahmen erleichtert aber das Arbeiten wesentlich. Auf mittelalterlichen Darstellungen wird die Kette oft zwischen zwei senkrecht stehenden Holzstäben die mit einem Querholz verbunden sind befestigt („Maria am Webstuhl“, aus einem Pariser Stundenbuch um 1410). Auch die Darstellung eines Gewichtswebstuhls zum Brettchenweben ist belegt (Glasfenster aus St. Dionys von 1330).

Stuhl für Brettchenweberei aus Birma im Grassi-Museum in Leipzig
nach einer Aufnahme von Prof. Jacobsthal

Für Selbstbauer finden sich viele Anleitungen im Internet. Einige Hersteller von Webgeräten bieten zum klassischen Bandweben einen kleinen Bandwebstuhl („Inkle loom“) an, dieser kann durchaus auch zum Brettchenweben verwendet werden. Auch normale Schulwebrahmen lassen sich für diese Zwecke adaptieren. Die einfachste Lösung besteht aus zwei senkrecht montierten Schraubzwingen.

einfacher Webrahmen mit Spannvorrichtung

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