Hier im Praxisteil beschreibe ich alle erforderlichen weiteren Arbeitsschritte zur Herstellung eines Flachgewebes mit dieser Technik. Insgesamt beschreibe ich sechs verschiedene Basismuster. Wichtige Arbeitsschritte sind auch wieder als Bildanleitung vorhanden.
# VORBEREITUNGSARBEITEN
Zu Beginn wird die Anzahl der erforderlichen Kordeln in den gewünschten Farben und Längen, wie unter „Material“ beschrieben hergestellt. Um die Kordeln problemlos durchziehen zu können, müssen die offenen Enden gesichert werden. Dies geschieht am besten durch Abbinden der Enden oder mit Klebeband.
Das Spalten der Kordeln erfolgt in der Art, dass zwischen dem verwendeten Werkzeug üblicherweise 2 Fäden ↑ und 2 Fäden ↓ zu liegen kommen und zumindest ein Strangteil der vierfach gezwirnten Kordel eine „Viertelzwirnung“ in jeder Reihe zwischen dem „Schuss“ stehen bleibt.
Bei einigen Mustern bleibt eine „Halbzwirnung“, also zwei Strangteile der vierfach gezwirnten Kordel zwischen den Reihen stehen, dies wird auch beim Kettkordelwechsel eingesetzt und wenn das Muster die Richtung ändert wie z.B. beim Wellenmuster oder auch beim Zick-Zackmuster.
Begonnen werden kann nun nach unterschiedlichen Methoden:
a) Fixierung der Kordeln z.B. auf einem dünnen Stäbchen wie einer Stricknadel o.ä.
b) Fixierung mittels einer Kiltnadel
c) Start mit einem einfachen Auge usw.
Zum Einstieg verwenden wir zwei ca. 50 cm lange Kordeln. Wir halbieren jede in der Mitte, öffnen durch Rollen zwischen den Fingern die Zwirnung und spalten das Garn, fädeln ein Ende durch und erzeugen durch Zusammenziehen ein Auge. Danach führen wir durch die entstandenen Augen eine Holzstricknadel und ziehen die Augen daran fest. Alternativ kann die Fixierung aber auch an einer Kiltnadel o.ä. erfolgen.
Eine Variante ohne Hilfsmittel ist der Start mit einem Einzelauge, dieses wird in der mittleren Kordel gebildet. Alle zusätzlichen Kordeln werden danach unterhalb in diese eingezogen.
Für viele der hier angeführten Beispiele werden die Kordeln halbiert und damit verdoppelt verwendet. Für manche Designs ist der Einsatz von Einzelkordeln vorgesehen, die an einem Ende ein Auge aufweisen, dieses Auge kann einerseits bei der Herstellung der Kordeln erzeugt werden (siehe Methode von Peter Collingwood), oder aber die Kordel wird einige cm von einem gesicherten Ende entfernt gespalten und eingezogen. Das überstehende Ende kann später in das Gewebe eingearbeitet oder vernäht werden.
Beispielhaft noch einmal der Anfang eines einfachen Flechtbandes gesichert an einem Holzstab:
# ABSCHLUSSARBEITEN
Die Abschlüsse können sehr variabel gestaltet sein, bei den Originalbändern aus Indien findet man häufig lange Fransen, teilweise mit eingearbeiteten Perlen, die noch einmal verflochten werden und dann mit Quasten enden. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Beispielhaft sind in der folgenden Abbildung einige Varianten dargestellt:
Die Beispiele auf diesen Seiten stellen nur die Basis für eine Einführung in diese Technik dar und sollen dem Leser aufzeigen, welches Potential diese Technik bietet. Es werden dabei bei weitem nicht alle Möglichkeiten beschrieben die alleine in der Struktur des Einzel-Verlauf Spaltflechtwerks erzeugt werden können. Die Herstellung der Kordeln selbst, die Wahl des Materials und der Farben stellt ja bereits einen wichtigen kreativen Akt dar und hat einen wesentlichen Anteil an diesem schönen textilen Handwerk.
# DIAGONALMUSTER
Das Diagonalmuster stellt eines der einfachsten Muster in der Technik des Einzelverlauf- Spaltflechtwerks dar und eignet sich daher gut für den Einstieg.
MATERIAL:
Wir benötigen Kordeln in drei Farben (A, B, C) in folgenden Längen (Enden sichern!!):
Farbe A: 2 Stk. ca. 50 cm lang, werden doppelt genommen, ergibt 4 Kordeln mit 25 cm
Farbe B: 1 Stk. ca. 50 cm lang, wird doppelt genommen, ergibt 2 Kordeln mit 25 cm
Farbe C: 1 Stk. ca. 50 cm lang, wird doppelt genommen, ergibt 2 Kordeln mit 25 cm
VORBEREITUNG:
Wir starten mit einem Auge, dh. wir nehmen eine Kordel der Farbe A, halbieren sie und bilden ein Auge wie oben gezeigt. Anschließen spalten wir die beiden ersten Kordeln in der Art, dass sich 2 Fäden ↑ und 2 Fäden ↓ befinden, sowie eine Viertelzwirnung stehen bleibt und ziehen die zweite Kordel mit der Farbe A durch. Das wird nun mit Farbe B und C wiederholt, wobei Farbe B bereits 4 Kordeln und Farbe C bereits 6 Kordeln spaltet. Damit enden die Vorarbeiten und das Ergebnis muss nun so wie links in der Abbildung gezeigt aussehen.
MUSTERSEQUENZ:
REIHE 1
Mit dem Werkzeug werden, beginnend von rechts (für Rechtshänder), nacheinander die Kordeln Nr. 8,7,6,5,4,3 und 2 gespalten, die Kordel 1 in den Hohlraum eingelegt und mit dem Werkzeug durchgezogen. Dieser Vorgang wiederholt sich jetzt für die Reihen 2 bis 8.
Kordel 1 ist dabei in jeder Reihe die Schusskordel und wird nach jeder fertigen Reihe straff gezogen.
In der vereinbarten Notation wird dies wie folgt angeschrieben:
REIHE 1 1C > 2B+3A+4A+5A+6A+7B+8C
REIHE 2 1B > 2A+3A+4A+5A+6B+7C+8C
REIHE 3 1A > 2A+3A+4A+5B+6C+7C+8B
REIHE 4 1A > 2A+3A+4B+5C+6C+7B+8A
REIHE 5 1A > 2A+3B+4C+5C+6B+7A+8A
REIHE 6 1A > 2B+3C+4C+5B+6A+7A+8A
REIHE 7 1B > 2C+3C+4B+5A+6A+7A+8A
REIHE 8 1C > 2C+3B+4A+5A+6A+7A+8B
weiter mit REIHE 1, die Mustersequenz wiederholt sich alle 8 Reihen
In der folgenden Bilderserie werden alle Einzelschritte zum besseren Verständnis noch einmal dargestellt:
Der Abschluss kann z.B. in der Form gestaltet werden, dass die Kordel 1 , anstatt in der nächsten Reihe zur Schusskordel zu werden, quer als Kettkordel alle anderen Kordeln fixiert. Sie wird dabei von allen anderen Kordeln senkrecht mit Viertelzwirnung Abstand gespalten. Das Ende wird eine Reihe höher in das Gewebe gezogen und die Enden z.B. als Fransen aufgedreht.
# PFEILSPITZENMUSTER
Das Pfeilspitzenmuster ist eine Variante des Diagonalmusters und ist das typische Design für die Kamelgürtel in der Wüste Thar. Die Breite und Anzahl der Farbfelder und Abschnitte variieren dabei.
MATERIAL:
Wir benötigen Kordeln in vier Farben (A, B, C,D) in folgenden Längen (Enden sichern!!):
Farbe A, B, C, D: je 2 Stk. ca. 50 cm lang, werden doppelt genommen, ergibt pro Farbe 4 Kordeln mit 25 cm
VORBEREITUNG:
Wir starten wieder mit einem Auge und fixieren alle Kordeln parallel liegend z.B. auf einer Kiltnadel.
MUSTERSEQUENZ:
REIHE 1:
Mit dem Werkzeug werden, beginnend von rechts (für Rechtshänder), nacheinander die Kordeln Nr. 8,7,6,5,4,3 und 2 gespalten, die Kordel 1 in den Hohlraum eingelegt und durchgezogen.
REIHE 2:
Nun wird das Band um die vertikale Achse gewendet (Kordel Nr. 16 wird dadurch zu Kordel Nr. 1 !!) und nacheinander die Kordeln 9,8,7,6,5,4,3 und 2 gespalten und die Kordel 1 durchgezogen. Band erneut wenden und weiter mit Reihe 1.
REIHE 1 1 > 2+3+4+5+6+7+8 Band wenden!
REIHE 2 1 > 2+3+4+5+6+7+8+9 Band wenden!
Die Schusskordel der letzten Reihe wird immer in der nächsten Reihe als erste gespalten!
# WELLENMUSTER
Beim Wellenmuster wird nun erstmals ein Kurvenverlauf in der Technik des Einzelverlauf-Spaltflechtwerks hergestellt.
MATERIAL:
Wir benötigen Kordeln in drei Farben (A, B, C) in folgenden Längen (Enden sichern!!):
Farbe A: 2 Stk. ca. 50 cm lang, werden doppelt genommen, ergibt 4 Kordeln mit 25 cm
Farbe B: 1 Stk. ca. 50 cm lang, wird doppelt genommen, ergibt 2 Kordeln mit 25 cm
Farbe C: 1 Stk. ca. 50 cm lang, wird doppelt genommen, ergibt 2 Kordeln mit 25 cm
VORBEREITUNG:
Die Vorbereitung erfolgt analog zum Diagonalmuster! Einziger Unterschied, Kordel B befindet sich in der Position 8 (vorher 7) und wird nicht durch Kordel C gespalten! Am Ende jeder Reihe wird die Schusskordel straff angezogen um einen schönen Bogen zu bilden.
MUSTERSEQUENZ:
REIHE 1 1C > 2+3+4+5+6+7+8B
REIHE 2 1B > 2+3+4+5+6+7B
REIHE 3 1A > 2+3+4+5+6B
REIHE 4 1A > 2+3+4+5B
REIHE 5 1A > 2+3+4B
REIHE 6 1A > 2+3B
REIHE 7 1C > 2B ; Band wenden und Sequenz wiederholen
Nach dem Wenden in der Reihe 8, 15, etc… sollte in der Kordel 8 eine Halbzwirnung stehen bleiben, um einen eleganten Übergang für die Wellenstruktur zu schaffen.
# ORIENTALISCHES WELLENMUSTER
Material und Startreihenfolge sind ident mit dem Wellenmuster!
MUSTERSEQUENZ:
Abschnitt 1
REIHE 1 1C > 2+3+4+5+6+7+8B
REIHE 2 1B > 2+3+4+5+6+7B
REIHE 3 1A > 2+3+4+5+6B
REIHE 4 1A > 2+3+4+5B
REIHE 5 1A > 2+3+4B
REIHE 6 1A > 2+3B
REIHE 7 1C > 2B ; Band wenden
Abschnitt 1 einmal wiederholen, Band danach nicht wenden und weiter mit Abschnitt 2
Abschnitt 2
REIHE 1 1B > 2+3+4+5+6+7+8C
REIHE 2 1C > 2+3+4+5+6+7C
REIHE 3 1A > 2+3+4+5+6C
REIHE 4 1A > 2+3+4+5C
REIHE 5 1A > 2+3+4C
REIHE 6 1A > 2+3C
REIHE 7 1B > 2C ; Band wenden
Abschnitt 2 einmal wiederholen, Band danach nicht wenden und weiter mit Abschnitt 1
Die gesamte Sequenz lautet daher:
Abschnitt 1, wenden, Abschnitt 1, nicht wenden
Abschnitt 2, wenden, Abschnitt 2, nicht wenden
alles wiederholen!
# SPIRALWELLENMUSTER
Dies ist noch eine andere Variation des Wellenmusters, Material und Startreihenfolge sind ident mit dem Wellenmuster!
MUSTERSEQUENZ:
Abschnitt 1
REIHE 1 1C > 2+3+4+5+6+7+8B
REIHE 2 1B > 2+3+4+5+6+7B
REIHE 3 1A > 2+3+4+5+6B
REIHE 4 1A > 2+3+4+5B
REIHE 5 1A > 2+3+4B
REIHE 6 1A > 2+3B
REIHE 7 1C > 2B ; Band nicht wenden!
Abschnitt 2
REIHE 1 1B > 2+3+4+5+6+7+8C
REIHE 2 1C > 2+3+4+5+6+7C
REIHE 3 1A > 2+3+4+5+6C
REIHE 4 1A > 2+3+4+5C
REIHE 5 1A > 2+3+4C
REIHE 6 1A > 2+3C
REIHE 7 1B > 2C ; Band nicht wenden !
Wiederholen um eine Spirale zu bilden !
# ZICK-ZACK MUSTER
MATERIAL:
Wir benötigen Kordeln in drei Farben (A, B, C) in folgenden Längen (Enden sichern!!):
Farbe A: 2 Stk. ca. 50 cm lang, werden doppelt genommen, ergibt 4 Kordeln mit 25 cm
Farbe B: 1 Stk. ca. 25 cm lang mit Auge, siehe auch Abb. 19
Farbe C: 1 Stk. ca. 25 cm lang mit Auge
VORBEREITUNG:
MUSTERSEQUENZ:
Die erste Reihe der Startreihenfolge ist bereits Reihe 1 !!
Abschnitt 1
REIHE 1 1 > 2+3+4+5+6
REIHE 2 1 > 2+3+4+5
REIHE 3 1 > 2+3+4
REIHE 4 1 > 2+3
REIHE 5 1 > 2 alle Schusskordeln straff ziehen und Band wenden!
Abschnitt 2
REIHE 1 5 > 6, Halbzwirnung auf 6 stehen lassen, Schusskordel straff ziehen
REIHE 2 4 > 5+6, Schusskordel straff ziehen
REIHE 3 3 > 4+5+6, Schusskordel straff ziehen
REIHE 4 2 > 3+4+5+6, Schusskordel straff ziehen
REIHE 5 1 > 2+3+4+5+6 Schusskordel straff ziehen, Band nicht wenden, weiter Abschnitt 1
Die gesamte Sequenz lautet daher:
Abschnitt 1, wenden, Abschnitt 2, nicht wenden
Abschnitt 1, wenden, Abschnitt 2, nicht wenden
alles wiederholen!